Ich bin jetzt im neunten Jahr.
Dass ich viel sehe. Ich fühle mich in Beruf bestätigt und wohl, wenn ich sehe, dass die Gäste zufrieden sind. Wenn es nicht so ist, hat das ja einen Grund, den ich in diesen seltenen Fällen auch nachvollziehen kann, etwa weil es Schwierigkeiten mit dem Hotel gab, die ich dann ja auch erlebt habe. Meine Rolle als Busfahrer ist dann auch manchmal die des Moderators, denn so eine Gruppendynamik funktioniert in beide Richtungen und wir wollen ja immer, dass sich die Gruppe wohlfühlt.
Leidenschaft. Du musst das Unterwegssein und den Umgang mit den Gästen lieben, sonst wirst du keine Busfahrer. Auch deinen Bus musst du lieben, er ist ja sowas wie dein zweites Zuhause, du musst dich darin wohlfühlen. Für einen guten Umgang mit den Gästen musst du reden können, hilfsbereit sein. Unsere Gäste brauchen manchmal Hilfe, welcher Art auch immer. Sie sollen sich bei uns wohlfühlen, nur dann ist für mich die Fahrt gelungen. Ich finde die Kommunikation so wichtig – aber bekomme von anderen Reiseveranstaltern mit, dass immer weniger Busfahrer die deutsche Sprache gut genug dafür beherrschen – oder einfach von Natur aus eher schweigsame Gesellen sind. Das passt dann für mich nicht so gut, du musst dich doch mit den Gästen unterhalten können, mitfühlen können. Ihre Sorgen, ihre Mentalität verstehen. Wenn das alles zusammenpasst, wird es eine schöne Fahrt. Für unsere Gäste ist es wichtig, dass sie sich angenommen fühlen. Ich mache das nicht, weil ich das muss, sondern weil ich mir wünsche, dass man später auch mit mir so umgeht. Du kannst ja schließlich von anderen nicht erwarten, was du selbst nicht lieferst. Ich bin übrigens seit Februar in Rente, aber dieses Jahr fahre ich noch für Bott. Es ist einfach sehr schön zu sehen, dass sich die Gäste so freuen, wenn ich am Steuer sitze.
Ich fahre gerne ans Meer und nach Italien. All diese Reisen sind für mich die schönsten. Lago Maggiore, Gardasee, Ostsee, Nordsee, Hauptsache Meer oder überhaupt Wasser. Das beste Hotel, in dem ich mal für Bott war, war das in Graal Müritz. Das Ambiente, der Komfort, der Wellnessbereich! Und die Lage war toll, direkt am Wasser und mit dem Rad konntest du sofort losfahren.
Ich sag es ganz ehrlich: Schülergruppen. Die meisten machen sich keine Gedanken um die Sauberkeit im Bus. Das schlimmste war mal eine Gruppe in der Ronneburg, da fand die Lehrerin es eine gute Idee, die Kids kurz vor der Abfahrt nochmal die Hänge hoch- und runterzujagen. Die Kinder standen dann völlig eingeschlammt vor mir und ich habe jedem einzelnen die Schuhe gesäubert. Denn den Bus nachher muss ich ja saubermachen – der ganze Schlamm ist wirklich ein Alptraum. Bei Kindern bin ich sowieso immer etwas angespannt, denn sie berühren alles, bewegen alles, ob Vorhänge, Fußstützen und so weiter. Mir ist ein sauberer Bus wichtig – eben mein zweites Zuhause. Deshalb bin ich auch zu Erwachsenen relativ streng und erlaube kein größeres Essen im Bus.
Und dann wieder hatte ich eine Gruppe Japaner, es hatte geregnet, und die ziehen einfach die Schuhe aus, bevor sie in den Bus steigen. Da war ich auch kurz sprachlos – aber vor Freude. Das sind so die zwei Extreme, die meisten unserer Gäste achten ja sehr gut darauf, dass der Bus nach der Fahrt fast so gut aussieht wie davor.
Für mich ist Sicherheit sehr wichtig. Ich verbreite das im Bus auch sehr. Aber ich lerne auch dazu, vor zwei Jahren habe ich es mal versucht, Sicherheitsanweisungen wie im Flugzeug zu geben, mit Sicherheitsgurt, Ausgängen usw. – da wollte dann einer aussteigen, weil er kein sicheres Gefühl mehr hatte. Das ist natürlich das Gegenteil dessen, was ich erreichen wollte. Schließlich hatte ich noch nie einen Unfall mit einem Bus, was ich ihm dann auch beruhigend erklären konnte.
Die Freizeit und das Privatleben sind durch diesen Beruf schon sehr eingeschränkt. Der Chef plant zwar so gut und langfristig wie möglich, aber gerade durch das Mietbus-Geschäft kommen viele Aufträge kurzfristig rein, die dann bereits gemachte Pläne umschmeißen. Zusagen zu privaten Verabredungen und Feiern kann ich immer nur unter Vorbehalt geben. Ich mache diesen Beruf aber erst seit 12 Jahren, habe das nicht mein Leben lang gemacht. Da war ich schon viele Jahre verheiratet, die Kinder groß. Ich glaube, als junger Mensch, frisch verliebt mit Familienplanung vor mir, würde ich das nicht anfangen. Gleichzeitig ist es bei Bott eben auch so familiär und menschlich – meine Frau ist schwer krank und wenn ich deshalb frei brauche, werde ich sowohl von den Chefs als auch von meinen Kollegen so toll unterstützt und es wird alles versucht, um es mir zu ermöglichen, bei meiner Frau zu sein. Das weiß ich sehr zu schätzen.
Ich gehe viel joggen, mache immer meine Tausend Liegestütze und habe eine Stange für Klimmzüge dabei. Radfahren mache ich auch, vor allem, wenn ich den Bus weiter weg parke. Wenn ich von einem Tagesausflug mit den Gästen früh genug zurückkomme, gehe ich auch joggen. Aber zum Abendessen will ich zurück sein, um mit den Gästen zusammenzusitzen und zuhören, wie ihr Tag war und wie es allen geht. Bei anderen Busunternehmen sitzt der Fahrer halt vorne im Bus und das war‘s. Das ist bei uns anders, familiärer, persönlicher. Echter interessiert an den Menschen und ihren Gedanken. Das spiegeln uns auch die Gäste, die immer häufiger von der Konkurrenz zu uns wechseln. Von einer Konkurrenz, die ja teilweise noch nicht mal Menschen mit Rollator mitnimmt!
Eine Reinigungskraft für den Bus. Wenn ich nicht mehr nach einer langen Fahrt noch selbst den Bus zwei Stunden lang putzen müsste. Das wäre traumhaft. Und eine etwas langfristigere Planung, um privat etwas beweglicher zu sein.
Ja, klar.
(lacht) Ja, da ist was dran.
In den letzten Jahren ist das viel meine Frau. Sie war sterbenskrank. Und auch wenn sie jetzt auf dem Weg der Besserung ist, denke ich viel an sie und wünsche mir, dass sie so lange durchhält, dass ich vor ihr sterbe. Aber natürlich denke ich auch über die Reise nach, bin ja eh immer gut vorbereitet, habe mir die Route genau angeschaut, weiß, wo ich parken kann und prüfe dann während der Fahrt immer, ob auch alles so klappt wie geplant. Etwa auch die kulinarische Versorgung – nur Würstchen ist mir zu langweilig. Meine Frau hat früher immer gebacken und Salate gemacht – in der letzten Zeit habe ich das selbst gemacht. Auch mal eine Frikadelle ist dabei, um den Gästen eben etwas Abwechslung zu bieten. Mir liegt es einfach sehr am Herzen, dass sich die Gäste wohlfühlen.
Am liebsten Urlaub, mit meiner Frau reisen. Oder Motorrad fahren, das war in den letzten Jahren nicht möglich, aber ich hoffe, dass wir nochmal zusammen draufsteigen. Meine Leidenschaft ist das Reisen. Ich habe noch viele Ziele, an die ich auch privat nochmal möchte, mit meiner Frau. Wenn du als Busfahrer unterwegs bist, siehst du nicht genug, du hast ja weder die Zeit noch den Kopf dafür, es zu genießen.
Das Interview führte Daniela Dietz.